In diesen Raum kommen wohl auch Stamm-Gäste des „Heiliggeist“ eher selten. Der Wartburg-Saal im ersten Stock des Restaurants in der Mainzer Innenstadt kann für Familienfeiern oder Tagungen gemietet werden. Dass hier im Mittelalter Messe gefeiert wurde, wissen wohl die wenigsten. Zu erkennen ist dies noch an der erhaltenen Apsis. Wer im Erdgeschoss seinen Cocktail trinkt oder sein Essen à la carte genießt, kann die hohen Kreuzrippengewölbe bewundern. Eine Kirche war das „Heiliggeist“ aber nicht. Das Gebäude diente im Mittelalter als Herberge und Spital: für Pilger, Alte und Kranke, Bedürftige. Diese hatten ihr Lager im Erdgeschoss, wo sich Laienbrüder und -schwestern um sie kümmerten, im Obergeschoss befand sich unter anderem die Kapelle. Das imposante Gebäude an der Mainzer Rheinstraße, gegenüber der Rheingoldhalle gelegen, gilt als eines der ältesten Spitalbauten Europas.
Durch vier Portale konnten die Menschen im Mittelalter das Heilig-Geist-Spital betreten – aus allen Himmelsrichtungen. Erzbischof Siegfried III. von Eppstein ließ das Spital am heutigen Standort – damals direkt am Rheinufer gelegen – errichten. Der Bau, der ein kleineres Spital am Dom ersetzte, wurde 1236 seiner Bestimmung übergeben. 1244 kam es unter städtische Aufsicht. Im 15. Jahrhundert fiel das Spital ans Domstift, 1797 gehörte es Frankreich, 1847 wurde das Gebäude an Privatpersonen verkauft. Anfang der 1860-er Jahre eröffnete in der einstigen Pilgerherberge erstmals eine Gaststätte. Damals befand sich das Gebäude im Besitz der Deutschkatholischen Gemeinde. 1888 verkaufte diese das Haus an die Mainzer Aktien Brauerei. In den 1950-er Jahren war das Haus ein beliebtes Tanzlokal, 1960 ging es in den Besitz der Binding-Brauerei über, ab 2002 übernahm die Radeberger Gruppe, bis 2017 Batu Aslan und Tilman Au das frühere Spital erwarben und darin das Restaurant „Heiliggeist“ eröffnet wurde. Der heutige Wartburg-Saal im ersten Stock wurde seit den 1960-er Jahren von Schlaraffia Moguntia e. V., einem Verein zur Pflege der Freundschaft, der Kunst und des Humors, für Sitzungen genutzt. Seit dem Besitzerwechsel 2017 wandelte sich der Sitzungssaal in einen Raum für Events. Der christliche Ursprung des Gebäudes ist durch die architektonischen Elemente noch zu erahnen. Auch auf der Internetseite des Restaurants wird die Geschichte des Gebäudes erzählt: https://www.heiliggeist.de/geschichte

Von Anja Weiffen