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Autobahnkirche des Mittelalters

Drususbrücke Bingen

Beim Adventskalender des Bistums „Türen auf – Warten auf Weihnachten“ geht es zu ungewöhnlichen Orten. Hätten Sie gedacht, dass die Binger Drususbrücke eine Kapelle beherbergt?

Als einen Superlativ bezeichnet Dr. Matthias Schmandt, Leiter des Museums am Strom in Bingen, die Drususbrücke: „Sie ist eine der ältesten im Mittelalter gebauten noch erhaltenen Brücken in Deutschland. Und sie zeugt von einem Fortschritt.“ Denn: Jahrhunderte lang war man nicht in der Lage, solche Brücken aus Stein zu bauen, die es bereits in der Antike gab.

 

Drususbrücke bei Bingen am Rhein

Drususbrücke Bingen

Errichtet wurde die Drususbrücke zwischen der Jahrtausendwende und Mitte des 11. Jahrhunderts. Den Namen des römischen Feldherren trägt sie nur der Legende nach und das auch erst ab dem 19. Jahrhundert. Davor hieß sie Nahebrücke. Heute verbindet sie zwei Stadtteile: die Binger Innenstadt und Bingerbrück. Vor allem Autos nutzen die Nahe-Überquerung. Aber warum befindet sich in einem der Pfeiler eine Kapelle? Matthias Schmandt weiß das Rätsel zu lüften: „Wer sich im Mittelalter auf den Weg machte, etwa als Pilger, der begab sich in ein großes Abenteuer. Die Brücke, die damals am Verkehrsknotenpunkt der Straßen nach Metz, Trier und Köln lag, war die Eintrittspforte in eine Fernreise.“ Krankheit und Räuber konnten Reisenden das Leben schwer machen. „Eine klassische Situation, um Gottes Beistand zu erbitten“, sagt Schmandt. Er vergleicht die Drususkapelle mit heutigen Autobahnkirchen. Als vergessenes Kleinod bezeichnet der Historiker die frühromanische Kapelle, die sich im ersten Pfeiler am Ostufer befindet. „Ein intimer Raum mit einer unmittelbaren Anmutung und sehr ursprünglich.“ Die krypta-ähliche Kapelle war, wie die Steinbrücke auch, eine Geste des Triumphs, Ausdruck der wiedererlangten Technik. Wie mancherorts geschrieben, sei aber nicht Bischof Willigis ihr Bauherr. „Architekturgeschichtlich kann sie erst nach 1030 gebaut worden sein.“ Da war Willigis schon tot. „Es wird wohl“, so Schmandt, „dessen Nachfolger, Bischof Erkanbald, gewesen sein.“

Anja Weiffen

 

Info:  Den Schlüssel für die Kapelle gibt es bei der Tourist-Information Bingen, Telefon 06721 / 18 42 00